Eosinophile Ösophagitis
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Eosinophile Ösophagitis

Bei der eosinophilen Ösophagitis, kurz EoE, handelt es sich um eine chronische Entzündung der Speiseröhre.

Definition

Die eosinophile Ösophagitis ist eine Erkrankung, die seit Beginn dieses Jahrtausends zunehmend in den Fokus der Medizin rückt. Der Begriff leitet sich von der englischen Bezeichnung „Eosinophilic Esophagitis“, kurz EoE, ab und steht für eine chronische Speiseröhrenentzündung mit vermehrtem Auftreten spezieller Entzündungszellen, den sogenannten eosinophilen Granulozyten. Die eosinophilen Entzündungszellen sind eine Untergruppe der weissen Blutzellen (Leukozyten). Ihr vermehrtes Auftreten bei der EoE erklärt die Krankheitsbezeichnung (Ösophagus = Speiseröhre; -itis = Entzündung).

Die konkreten Ursachen dieser chronischen Speiseröhrenentzündung sind bislang nicht vollends bekannt. Vermutet wird eine vorrangige allergische Reaktion gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln, daneben können aber auch allergieauslösende Stoffe aus der Luft als Basis der Entzündungsreaktion führen. Betroffene haben zudem häufig auch andere allergisch bedingte Erkrankungen wie beispielsweise Asthma, Rhinitis, atopische Dermatitis oder Konjunktivitis. Eine gewisse Rolle scheinen auch die Erbanlagen (genetische Prädisposition) zu spielen.

Die Prävalenz beträgt 34,4 pro 100.000 Einwohner und ist für Erwachsenen höher als für Kinder (42,2 versus 34). Zu beachten sind, dass grosse regionale Schwankungen zwischen den industrialisierten Ländern existieren.

Die eosinophile Ösophagitis kann in jedem Alter auftreten. Allerdings sind Männer – vorrangig im Alter zwischen 30 und 50 Jahren – dreimal häufiger betroffen als Frauen.

Menschen mit einer EoE klagen vor allem über folgende Symptome einer Speiseröhrenentzündung: Schluckbeschwerden (Dysphagie), Schmerzen beim Schlucken (Odynophagie), Sodbrennen, aber auch Würgereiz. Im Einzelfall können Nahrungsbissen steckenbleiben und es kann dadurch zu einer Blockade der Speiseröhre (Bolusimpaktion) kommen.

Betroffene haben Schwierigkeiten, feste, faserige oder trockene Nahrung zu sich zu nehmen. Typischerweise kauen sie ihre Nahrung sehr ausgiebig, wodurch sie für eine Mahlzeit länger brauchen als gesunde Menschen. Um das Schlucken zu erleichtern, trinken sie übermässig viel beim Essen. Sie bevorzugen eher leicht schluckbare, pürierte oder flüssige Nahrung. Viele Betroffene vermeiden Restaurantbesuche, weil sie Angst haben, dass ihnen aufgrund der Schluckbeschwerden das Essen im Hals steckenbleibt oder sie sich möglicherweise übergeben müssen.

Obwohl die Beschwerden die Lebensqualität stark beeinträchtigen können, ist den Betroffenen oftmals gar nicht bewusst, dass sie an einer Speiseröhrenentzündung leiden. Sie haben sich regelrecht an die Probleme gewöhnt und Vermeidungsstrategien über die Zeit entwickelt.

Bei Kindern macht sich die EoE häufig indirekt durch Appetitlosigkeit, Nahrungsverweigerung, Würgen, Erbrechen oder Wachstumsstörungen bemerkbar.

Wird die eosinophile Ösophagitis nicht behandelt, so kann es im Verlauf von Jahren zu Komplikationen kommen. Als Folge einer chronischen Entzündung verändert sich das Gewebe in der Speiseröhre zunehmend und es droht ein Umbau des Ösophagus mit der Entwicklung von Verengungen (Stenosen) oder Einschnürungen (Strikturen) in der Speiseröhre, die durch Fibrosierungsprozesse entstehen. Das kann die Schluckbeschwerden deutlich verstärken.

Komplikationen sind auch im akuten Stadium möglich, wenn es zum Steckenbleiben von Nahrungsbissen in der Speiseröhre kommt. Diese müssen möglicherweise vom Arzt entfernt werden, in schweren Fällen durch eine Notfallendoskopie.

Menschen mit einer EoE leiden häufig zugleich an weiteren allergisch bedingten Erkrankungen, wie allergisches Asthma, atopische Dermatitis, allergische Rhinitis oder Konjunktivitis.

Diagnose

Der Verdacht auf das Vorliegen einer eosinophilen Ösophagitis stellt sich praktisch immer, wenn ein Patient über wiederkehrende Schluckbeschwerden klagt. Dann ist eine Abklärung durch den Gastroenterologen ratsam, der eine endoskopische Untersuchung vornehmen kann.

Um die Verdachtsdiagnose besser abzuklären, wird der Arzt zunächst die Krankheitsgeschichte des Patienten (Anamnese) erfragen. Dabei werden die aktuellen Beschwerden abgeklärt und auch, ob ähnliche Symptome nur ab und an oder regelmässig auftreten und wann sie das erste Mal bemerkt wurden.

Im Arzt-Patienten-Gespräch wird auch erfasst, ob Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Allergien bekannt sind und ob Familienangehörige an Schluckbeschwerden leiden.

Ausserdem sind die Essgewohnheiten des Patienten relevant. Gezielt nachgefragt werden sollte, ob der Betreffende besonders lange für die Nahrungsaufnahme braucht, das Essen lange kaut, nur kleine Bissen zu sich nimmt, reichlich nachtrinkt und feste Nahrung eher meidet.

Ob eine eosinophile Ösophagitis vorliegt, kann nur der Gastroenterologe durch eine Spiegelung (Endoskopie) der Speiseröhre klären. Im Fall einer EoE sind im Allgemeinen bereits während der Untersuchung Entzündungszeichen und eventuell sogar schon Folgen der chronischen Entzündung in der Speiseröhre in Form von fibrotischen Veränderungen zu erkennen. Zu den Entzündungszeichen gehören beispielsweise Rötungen, Ablagerungen und Schwellungen der Schleimhaut und/oder die Bildung von Furchen und Verengungen.

Gesichert wird die Diagnose einer EoE aber nur durch den Nachweis einer vermehrten Anzahl an eosinophilen Entzündungszellen in der Speiseröhrenschleimhaut. Diese zeigen sich bei der histologischen Untersuchung von Gewebeproben (Biopsien), die bei der Spiegelung der Speiseröhre entnommen werden.

Therapie

Auch wenn es bislang noch nicht möglich ist, diese chronische Speiseröhrenentzündung zu heilen, können die Symptome und die Entzündung der eosinophilen Ösophagitis nachhaltig behandelt werden.

Die medikamentöse Behandlung der EoE hat die Verbesserung der Lebensqualität durch eine nachhaltige Besserung der Beschwerden zum Ziel und soll das Fortschreiten der Erkrankung verhindern. Es gibt aktuell folgende Medikamente gegen Speiseröhrenentzündung:

  • Lokal wirksame Kortikosteroidpräparate (gemeinhin auch als Kortison bekannt), die entzündungshemmend wirken sowie
  • Protonenpumpenhemmer (PPI), also Medikamente, die die Bildung von Magensäure unterdrücken werden in gewissen Fällen eingesetzt, obschon diese Medikamente nicht in der Indikation EoE zugelassen sind.
  • Für bestimmte Fälle, in denen eine konventionelle Therapie versagt, kontraindiziert oder nicht toleriert wird, steht seit kurzem eine immunmodulierende Therapie (Dupilumab) für Patienten ab 12 Jahren zur Verfügung.

Zur Behandlung der EoE wurde von der Gesundheitsbehörde Swissmedic als erstes Medikament Budesonid in Form einer Schmelztablette zugelassen, die gezielt zur Behandlung der EoE entwickelt wurde. Budesonid gehört zu den Kortikosteroiden und entfaltet seine entzündungshemmende vor allem lokal in der Schleimhaut des Ösophagus.

Danach sollte eine Kontrollspiegelung der Speiseröhre erfolgen, um den Erfolg der Therapie zu überprüfen. Wird die Therapie gestoppt, kommt es oft zum Wiederaufflammen der Entzündungsprozesse und zu erneuten Symptomen. Dann sollte eine Erhaltungstherapie – meist mit verminderter Dosis - erfolgen. Eine konsequente Erhaltungstherapie und regelmässige Kontrollendoskopien mit Entnahme von Gewebeproben sind wichtig, um das Fortschreiten der Erkrankung zu hemmen und Vernarbungen, sowie Verengungen der Speiseröhre zu vermeiden. 

Da ein enger Zusammenhang zwischen einer eosinophilen Ösophagitis und Nahrungsmittelallergien zu bestehen scheint, kann das Meiden von Allergie auslösenden Lebensmitteln, zu einem Rückgang der Entzündung führen. So gibt es Hinweise darauf, dass tierische Milch und Milchprodukte, Weizen/Gluten, Soja/Hülsenfrüchte, Eier, Nüsse, sowie Fisch und Meeresfrüchte besonders häufig Auslöser oder Ursache einer eosinophilen Ösophagitis sein können. Damit besteht eine diätetische Behandlungsmöglichkeit, indem der Verzehr dieser Nahrungsmittel konsequent vermieden wird. Es gibt verschiedene Diätformen bei denen entweder nur die Milchprodukte, oder zwei (Milchprodukte und Weizen/Gluten), vier (Milchprodukte, Weizen/Gluten, Eier, Soja/Hülsenfrüchte) oder aber alle sechs Nahrungsmittelgruppen vom Speiseplan gestrichen werden. Solche Massnahmen sollten nach Möglichkeit von einer Ernährungsberatung begleitet werden. Sie gehen je nach Umfang der Diät mit einem drastischen Einschnitt in den Alltag und die Lebensqualität der Betroffenen einher.

Möglich ist ferner eine Diät mit Nährlösungen, bei der auf alle herkömmlichen Nahrungsmittel verzichtet werden muss. Diese Form der Diät zeigt sehr gute Ergebnisse, ist allerdings aufgrund der damit verbundenen Einschränkungen kaum als Langzeittherapie durchführbar.

Eine strikte diätetische Therapie wird daher insbesondere in Krankheitsphasen mit akuter Speiseröhrenentzündung empfohlen, ist jedoch auf lange Sicht selten praktikabel.

Eine weitere Möglichkeit der Behandlung einer eosinophilen Ösophagitis ist die Aufweitung der Speiseröhre (Dilatation) während einer Speiseröhrenspiegelung. Die Aufweitung ist sinnvoll, wenn sich bereits narbige Verengungen gebildet haben. Die Verengungen und Narbenstränge, die den Durchmesser der Speiseröhre verkleinern, werden bei dem Eingriff mechanisch aufgedehnt.

Die der Engstelle zugrundeliegende Entzündung wird damit aber nicht behandelt und es kommt ohne gezielte medikamentöse oder diätetische Therapie mit der Zeit in aller Regel erneut zu Verengungen, die wiederum aufgeweitet werden müssen.

Verlauf und Prognose

Krankheitsverlauf und Prognose der eosinophilen Ösophagitis hängen davon ab, wie frühzeitig eine effektive Behandlung der Speiseröhrenentzündung einsetzt und wie konsequent die Entzündungsprozesse unterdrückt werden, da es durch die chronische Entzündung zu Vernarbungen und damit langfristig zur Verengung der Speiseröhre kommen kann. Gleichzeitig steigt damit das Risiko möglicher Komplikationen wie dem Blockieren der Speiseröhre durch feste Nahrungsbissen (Bolusimpaktion).